Aphoristische Gedanken zum Malkurs I
Warum malen wir?
Warum stellen wir uns immer wieder neu diesem lebendigen, unbekannten Prozess, warum lassen wir uns immer wieder entführen in Unsicherheiten, Abwege und neue Herausforderungen? Vielleicht, weil wir selbst ein lebendiger Prozess sind! Weil wir uns letztendlich nicht erfrischen und erneuern können an den statischen Ordnungen einer immer durchorganisierteren Welt, weil wir im lebendigen Atem der Kontraste die Belebung und Erfrischung unseres ganzen sinnlichen Seins und Wahrnehmens finden wollen. Das Thema selbst ist hier bei mir oft zweitrangig. Im Zentrum steht immer das Leben selbst, das voller Überraschung und Dynamik ist. Voller Unsicherheit, Offenheit und Bezogensein. Denn im Lebendigen steht nichts für sich allein, alles ist mit Allem verbunden. Lass dich herauslocken aus gewohnten Konzepten und eingeübten Einseitigkeiten. Werde wach und staunend für den ständigen Wandel lebendiger Formen. Gib dich immer wieder von Neuem hin diesem heiteren Spiel des schöpferischen Tuns!
Aphoristische Gedanken zum Malkurs II
"Was bleibt am Ende der Kunst? Wir als Veränderte bleiben."
Dieser Satz des Musikers Hanoncourt führt uns so schlicht und einfach vor Augen, worum es immer und immer wieder im künstlerischen Schaffen gehen sollte: nicht um oberflächlich-ästhetische Reize, oder um schöne, dem Auge gefällige Bilder, sondern um eine Vertiefung des Sehens und Empfindens, um eine Herausforderung an die Lebendigkeit in uns, der wir bei jedem Gestaltungsprozess Raum und Aufmerksamkeit geben. Ob die Themen sich auf die Kontraste beziehen, auf die Materialcollagen oder kleinen Bildobjekte, immer sind wir es, die wir durch den Prozess des Ringens gehen. Wie sieht dieser Prozess aus? Farben und Formen, manchmal auch Materialien begegnen sich auf der Fläche. Es entstehen Bezüge zwischen den Elementen, Verhältnisse, Ordnungen. Aber immer wieder kapseln sich beim Malen Bildbereiche ab, es entstehen Ungleichgewichte, Blockaden, alles wird dicht. Auflösungen, Übermalungen, neue Schwerpunkte, andere Verdichtungen, zwischenzeitliche Orientierungslosigkeit, mitunter Verzweiflung. Dann können auch alte Glaubenssätze sich ganz schön in den Vordergrund drängen, wie: bei mir wirds immer nix, oder: die Anderen machens viel besser......Aber irgendwann, wenn wir nicht aufgeben ist sie da, zwischen Verhärtung und Auflösung: eine Leichte, ein pulsierendes Kraftfeld auf der Fläche, ein kleiner in sich ruhender Kosmos. Erfüllt, staunend, betroffen wird es wahrgenommen. Immer wieder neu. Du kannst es nicht "machen", aber du kannst deinen Spürsinn für Farbe und Form pflegen, damit du den "richtigen Moment" nicht verpasst.
Aphoristische Gedanken zur Kunst I
Vom alltäglichen Ringen.
Kann die Welt durch uns immer wieder neu werden?
Will sie sich durch uns verlebendigen, verjüngen, transformieren?
Bilder können Ausdruck sein eines Ringens, um diesen immerwährenden, lebendigen Prozess. Jenseits von Zweck und Nützlichkeit. Aufmerksam-Sein für das Ineinanderwirken der Kräfte, finden von Ordnungen. In welchem Verhältnis stehen die Bildnerischen Elemente der Fläche zueinander? Es gibt da keine Anleitung, es findet sich Eins zum Anderen. Hier gilt das Paradox: Tun, aber sich nicht einmischen. Im Bildraum bewegt sich oft Gegensätzliches aufeinander zu, es entsteht eine Dynamik, eine Zuspitzung und im besten Fall ein Neues, das über beide Gegensätze hinausgeht. Materie wird transzendiert. Da bin ich eins mit Goethe.
Er sagt: " Das ist der Kunst bestreben, jeden aus sich selbst zu heben".
Der Garten, den wir anlegen.
Das Zimmer, das wir einrichten.
Den Tisch, den wir für ein Fest decken.......
Wir können es so gestalten, dass es etwas stimmiges, lebendiges, erhebendes hat.
Duft, Klang, Atem. Frei-Raum.
Aphoristische Gedanken zur Kunst II
Für mich heißt schöpferisch sein: Tun und lassen.
Im Künstlerischen Gestalten wechsle ich immer zwischen zwei Aspekten:
- Der eine ist das Machen, das aktive Tun, der Provokateur, der Neugierige, der Ausprobierer, der Herausforderer, der Übers -Knie -brecher.
- Der andere ist das Empfangende, das Hinspüren, Raum geben, der Hineinhörende, Wartende. Waches Nichttun. Das, was uns in der Kunst übersteigt, können wir nicht machen. Aber wir können alles dafür tun und den Raum schaffen, dass es in Erscheinung tritt. Was kann ich tun, damit dieser Raum entsteht?
Dazu ein Satz von Krishnamurti: "Wenn der Geist nicht mehr vergleicht, beurteilt, bewertet und deshalb fähig ist zu sehen, was ist, von Augenblick zu Augenblick, ohne es verändern zu wollen, in einer solchen Wahrnehmung liegt das Ewige".
Wer braucht das ständige bewerten, beurteilen, vergleichen und alles anders haben - wollen? So wach beim Malen bleiben, dass wir genau mitkriegen, wann der Macher in den Hintergrund treten soll! - Spätestens wenn du die Hasen von Christian Morgenstern tanzen siehst:
Drei Hasen tanzen im Mondschein
im Wiesenwinkel am See:
Der eine ist ein Löwe
der andre eine Möwe
der dritte ist ein Reh.
Wer fragt der ist gerichtet
hier wird nicht kommentiert
hier wird an sich gedichtet;
doch fühlst du dich verpflichtet
erheb sie ins Geviert
und füge dazu den Purzel
von einem Purzelbaum
und zieh aus dem Ganzen die Wurzel
und träum den Extrakt als Traum.
Dann wirst du die Hasen sehen
im Wiesenwinkel am See,
wie sie auf silbernen Zehen
im Mond sich wunderlich drehen
als Löwe, Möwe und Reh.